CHANTS AGAINST THE PLAGUE
Gesänge gegen die Pandemie in der Zionskirche
Ein Projekt von VOX NOSTRA – gefördert vom Hauptstadtkulturfonds Berlin 2021
Karten an der Abendkasse für nur 12,00 Euro oder online hier zzgl. Vorverkaufsgebühr
Konzert 2 – NU HEBET UF DIE ÛWERN HEND
Die Geißlergesänge von 1349 und italienische Lauden
Freitag, 06. August 2021, 20:30 Uhr
special guest Yui Kawaguchi (Choreographie und Tanz)
Diese Konzertperformance – zusammen mit der japanischen Tänzerin Yui Kawaguchi – trägt den Titel NU HEBET UF DIE ÛWERN HEND nach einem der deutschsprachige Gesänge gegen die Pest der Geißlerbewegung im Jahr 1349.
Heute wie damals gingen die Menschen auf radikal unterschiedliche Weise mit der lebensbedrohlichen Krise um. Die aus heutiger Sicht verstörendste Reaktion waren die sogenannten Geißlerzüge. Bereits im 13. Jahrhundert wüteten im Norden Italiens Seuchen und Hungersnöte. Wanderprediger, gekleidet in einfache Leinengewänder, beschworen das kommende Ende der Welt herauf und riefen die Menschen zu Buße und Umkehr auf. Durch einen plötzlichen Tod oder ohne kirchliche Sakramente zu sterben, war die Horrorvorstellung der breiten Masse und so formierten sich Bruderschaften, die singend von Ort zu Ort zogen und mit Selbstgeißelungen ihre Buße visualisierten.
Diese breite Bewegung der „flagellanti“ wurde in Italien, Österreich und Deutschland wieder aufgenommen, als die Pest sich auszubreiten begann. Der Chronist Gilles Li Musis bebilderte um 1350 die paarweise Prozession von Geißlern mit spezieller Kleidung und einem Hut (bestickt mit einem roten Kreuz) hinter einem Fahnenträger, zwei Kerzen und einem Kruzifix.
Die deutschsprachigen Gesänge zu diesen streng durchorganisierten Ritualen sind uns durch den Chronisten Hugo von Reutlingen (+1374) erhalten geblieben. Dieser in der Kirchenmusik gut ausgebildete Kantor muss die Lieder mehrfach gehört haben, denn er hat sowohl die Melodien wie auch die unzähligen Strophen handschriftlich fixiert. Die Handschrift befindet sich heute in der Bibliothek in St. Petersburg und eines der ergreifenden Lieder beginnt mit den Worten „Nu hebent uf die ûwern hend, daz got daz grozze sterben wend“.
Als eine Art Querdenkerbewegung koppelten sich die Geißler immer mehr von der Amtskirche ab und entwickelten eigene Lieder und Bußpraktiken. Auch für die Beichte wurde kein Priester mehr benötigt. Die Geißler machten die Juden für die Pest verantwortlich und beschuldigten sie, die Brunnen vergiftet zu haben. Papst Clemens VI., der in Avignon regierte, versuchte die Juden zu schützen und verdammte die Geißler. Er verbot den Städten und Kirchen, Geißler aufzunehmen und ihre blutigen Rituale zu praktizieren.
Konzertprogramm
Nu ist die betfart so here, Christ rait selber gen Jerusalem Lied der Geißler von 1349 zum Einzug in eine Stadt
Vox nostra resonet Preisgesang aus Santiago de Compostela von 1150, dem das Ensemble seinen Namen verdankt
De la crudel morte de Christo Laude (Lobgesang) aus Cortona in Norditalien von 1297 zur Passion Christi
Nu hebent uf die uwern hend, daz got daz grozze sterben wend Gesang der Geißler von 1349, um eine Wende der Pestepidemie zu bewirken
Nu tret herzuo der buessen welle Bußgesang der Geißler von 1349 vor dem Ritual der Flagellation
Ave mater o Maria/Ave muetter kuenneginne Klangvolle Bitte an die Mutter Jesu um Beistand in schweren Zeiten von Oswald von Wolkenstein (* um 1377 im Pustertal/Südtirol; † 2. August 1445 in Meran)
O Jesu dolce Anonyme dreistimmige Laude aus Italien
Ecco la morte viene Komposition von Giovanni Animuccia (* um 1514 in Florenz; † 25. März 1571 in Rom), die die Schrecken des Todes und die Sinnhaftigkeit der Buße beschreibt
Maria unser frowe, Kyrieleyson Gesang der Geißler von 1349, der die Geburt und das Leben Jesu beschreibt
Ave victorioso e sancto legno Vierstimmige Laude von Marchetto Cara (* um 1465 in Verona; † um 1525 in Mantua) über den Kreuzestod als Rettung vor der ewigen Verdammnis
Maria stuont in grozzen noeten & O we dir armer wucherere Gesänge der Geißler von 1349 über die Mutter Jesu unter dem Kreuz und die sündigen Menschen
Senza te, sacra regina Marianische Laude von Andrea Antico da Montona (* 1480, † nach 1538) über Maria als Mittlerin
Maria muetter rainu mait Gesang der Geißler von 1349, der die heilsbringende Rolle von Maria beschreibt
Texte und Übersetzungen in Auswahl:
1 Nu ist dîu betfart so here, Christ raît selber gen Jerusaleme, Er fu°rt an cruetz an an siner hant, Nu helf uns der hailant! Nu ist dîu betfart so gu°t: hilf uns herr durh din haîliges blu°t, Dazd an dem cruitz vergossen hast Und uns von dem tôd erloset hast; Daz an dem cruitz vergossen hast Und uns in dem ellind gelassen hast. Nu ist dui strass also brait, Die uns zeûnserr liebun frown trait In unser liebun vrôwn lant Nu helf [uns der hailant]! Wir suln die puess an uns nemen Daz wir got dester bas gezemen Dort in sines vater rich Dez bitten wir suinder alle gelich Dez bitten wir den hailigen crist Der aller der welte gewaltig ist Vnt bitten wir den hailigen gaist, umm cristann geloben aller maist. 2 Vox nostra resonet Iacobi intonet laudes creatori. Unsere Stimme hallt wieder von den Lobgesängen des Jacobus.
3 De la crudel morte de Cristo on’hom pianga amaramente! Über den grausamem Tod Christi soll jeder Mensch bitterlich weinen! Quando ‘Iuderi Cristo pilliaro d’ogne parte lo circundaro; le sue mane strecto legaro como ladro, villanamente. Trenta denar fo lo mercato ke fece Juda, et fo pagato. Mellio li fora non esser nato k’aver peccato sì duramente! A la colonna fo, spoliato, per tutto l‘corpo flagellato, d’ogne parte fo ‘nsanguinato commo falso, amaramente. Poi ‘l menar a Pilatoä e, nel consello ademandato da li ludèr fo condempnato de quella falsa ria gente. Tutti gridaro ad alta voce: «Moia ’l falso, moia veloce; sbrigatamente sia posto en croce, che non turbi tutta la gente». Nel suo vulto li sputaro e la sua barba sì la pelaro facendo beffe, lìmputaro ke Dio s’è facto, falsamente. Poi ke ‘n croce fo kiavellato, da li Iuderi fo designato: “Se tu se’ Cristo da Dio mandato, descende giù securamente!” Li soi compagni l’abandonaro tutti fugiero e lui lasciaro, stando tormento forte et amaro de lo suo corpo, per la gente. Molt’era trista sancta Maria quando’l suo figlio en croce vedea, cum gran dolore forte piangeva, dicendo: “Trista, lassa, dolente!“ Als die Juden Christus ergriffen, umzingelten sie ihn von allen Seiten. Seine Hände fesselten sie wie die von einem Dieb, so schmählich. Dreißig Silberlinge war der Lohn, der bezahlt wurde, den Judas bekam. Besser wäre es für ihn, nie geboren worden zu sein, als so schwer gesündigt zu haben. An eine Säule gebunden und entkleidet wurde er am ganzen Körper gegeißelt. Er blutete überall, als sei er ein Schächer, wie bitterlich. Dann führte man ihn zu Pilatus und in dem einberufenen Rat wurde er von den Juden verdammt, von jenem falschen, bösen Volk. Alle schrien mit lauter Stimme: „Sterben soll der Lügner, schnell sterben! Sofort soll er gekreuzigt werden, damit nicht ein Volksaufstand entsteht!“ Sie spuckten ihm ins Gesicht und sie zogen seine Barthaare heraus, sie verhöhnten ihn und beschuldigten ihn, er habe sich fälschlich zum Gott gemacht. Dann wurde er ans Kreuz genagelt. Von den Juden verlautete: "Wenn du Christus bist, von Gott gesandt, dann steige doch unversehrt herab!" Aus seiner heiligen Seite strömte Blut und wir alle wurden erlöst vor dem Feind, der uns mit dem Apfel (aus dem Paradies) so schmählich betrogen hat. Als der heilige Johannes, der Evangelist, seinen Meister am Kreuz sah, war er sehr traurig und sein Geist war schmerzerfüllt. Seine Gefährten verließen ihn. Alle flohen und ließen ihn alleine, während er starke und bittere Qualen litt an seinem Körper – um der Menschheit willen. Tief betrübt war die heilige Maria, als sie ihren Sohn am Kreuz erblickte. Unter tiefen Schmerzen und laut weinend rief sie: „Ich Unglückliche, ach, ich Leidende!“
4 Nu hebent uf die uwern hend, daz got daz grozze sterben wend
Nu hebent uf die ûwern hend Daz got daz grosse sterben wend
Nu hebent uf die ûwern arm Um daz sich got uibr uns erbarm
Jesus durch diner namen dri Du mach uns herre vor suinden fri
Jesus durch dine wunde rot Behoett uns vor dem gehen tot
5 Nu tret herzuo der buessen welle Fliehen wir dîe haissun helle
Lucifer ist boes geselle Wen er behapt Mit bech erlapt Dez fliehen wir in Hab wir den sin
Der unserr buozze welle pflegen Der sol gelten vnd widergeben
Er biht und lass die suinde varn So wil sich got uibr in erbarn
Jesus crist der wart geuangen An ain cruitz wart er gehangen
Daz cruitz daz wart dez blu tes rot Wir clagen gots marter und sinen tot
Durch got vergiess wir unser bluot Daz ist uns fuir dîe suinde guot
Dez hilf uns lieber herre got Dez bit wir dich durch dinen tot
Jr morder vnd ir strazrobere Diu rede ist iv an tail zeswere
Ir went ivch viber nieman erbarn Dez mosd ir in die helle varn
Da sint ir eweclich verlorn Dar zu so bringt uich gottes zorn
Da vor behoet uns herre got Dez bit wir dich durch dinen tot
Wer den fritag nit enuastaet Vnd den suntag nit enrastet
Zwar der mois in der helle pin Vnt eweclich verfluochet sin
Da vor behoett vns herre got Dez bitt wir dich durh dinen tot
Dui e di ist ain raines leben Die hat got selber uns gegeben
Der die entert der wirt verlorn Dar zu so bringt uich gottes zorn
Da vor behoet uns herre got Dez bit wir dich durch dinen tot
Ich ratt iu vrow und mannen allen Daz ir lant die hohfart vallen
Durch got so lant die hohfart varn So wil sich got viber uich erbarn
Dez hilf uns maria kunigin Daz wir dins kindes huld gewin
Wissent ouch daz ganzui ruiwe Wer die hat mit rehter truiwe
Mitt biht mit pu ss mit widergeben Dem wil got gen an ewig leben
Dez hilf uns maria kunigen Daz wir dins kindes huld gewin
6 Ave mater o Maria / Ave muetter kuenneginne
Ave, mater, o Maria, pietatis tota pia, sine te non erat via deploranti seculo.
Gracia tu nobis data, quam fidelis advocata celi thronis es prelata in eterno solio. Amen.
Ave muetter kuenniginne, miltikait ein milderinne, an dich kein weg loeblicher minne get in wainender welde
Gnadenvoll an uns beginne, wo sich rueft geloeblich stimme, tron der himel, kayserinne in ewigleichem velde
Ave muetter, frau, magd und mayd, erenreiche lobesam beklait, seyd und dir der herre nit versayt, so hilff uns, edle krone,
Das wir nach des todes hinnenschayd finden dort ain froelich oegelweid und besitzen alle saeligkait bey deinem kindlin schone.
7 O Jesu dolce
Anonymus, I-Fn ms. Panciatichiano 27
O Jesu dolce, o infinito amore Inestimabil dono Misero a me, chi sono
Che da te fuggo, et tu mi segui ogn’hore. Per qual mie meriti, o signor mio benigno
O per qual mia bontà Si largamente nel mio cor maligno spandi la tua pietade.
O süßer Jesus, o unendliche Liebe, unschätzbares Geschenk erbarme dich über mich, der ich bin,
ich fliehe vor dir und du folgst mir in jeder Stunde. Durch welche meiner Verdienste, oh mein gütiger Herr,
o durch welche meine Güte, so weit in meinem bösartigen Herzen, streue deine Gnade aus.
8 Ecco la morte viene
Libro secondo della Laude Spirituali I-Bc R.263/A, RISM 1589/2
Ecco la morte viene / Che con falce tagliente / Fa macel della gente.
Cosi vid’io l’al(t)r’hieri / Far mietitor dell’herba / Ch’una pur non ne serba.
De fior vermigli et bianchi / Qual preciso cadea / Qual caduto languea.
Morte feroce, et empia / Qual catena ò qual morso / Può ritener tuo corso?
Soccorrici ò Signore / Se tu non ci conforti / Siamo presso che morti.
Io son ch'(i)l mondo vinsi / Son il tuo dolce Christo / Non m’hai più volte visto.
Io spuntai l’unge à morte / Io gli hò schiacciato i denti / Alma perche paventi?
Dov’è morte il tuo strale / Dove gli tuoi trofei / Gia disarmata sei.
Giesù fuss’io pur teco / Chi teco stà ben forte / Non teme della morte.
Temi tu peccatore / Tù che lasciar non vuoi / Gl’horrendi vitii tuoi.
Hier kommt der Tod, der mit einer scharfen Sense das Gemetzel an den Menschen macht.
So sah ich letzte Nacht den Schnitter des Grases, das man nicht behält.
Mit Zinnoberrot und weißen Blumen schmachtete er, der fiel.
Grimmiger, unheiliger Tod, welche Kette oder welcher Biss kann deinen Lauf aufhalten?
Hilf uns, o Herr, wenn du uns nicht tröstest, sind wir fast tot.
Ich, der die Welt besiegt hat, bin dein lieber Christus. Du hast mich noch nicht oft gesehen.
Ich habe ihn zu Tode gesprengt, ich habe ihm die Zähne ausgeschlagen, warum hast du Angst?
Wo ist Ihre Waffe, wo sind Ihre Trophäen, Sie sind unbewaffnet?
Wenn ich es wäre, Jesus, würde ich bei dir sein, die du stark bist, fürchte nicht den Tod.
„Fürchte dich, du Sünder, der du deine schrecklichen Verbrechen nicht aufgeben willst.“
9 Maria unser frowe, Kyrieleyson
Maria vnser frowe Kyrieleyson was in goetlicher schowe, Alleluia, G‘lobet sis du, Maria.
Zuoz ir wart ain engel gsant Kyrieleyson, Der waz Gabriel genant Alleluia, G’lobet sis du, Maria.
Der wart ir von got gesant K. Er gruosd si minneclich zehant All.
Er sprach: ’du bist genade vol K. Got ist mit dir – dem gfelst du wol All.
Dich wil ob allen vrôwen K. Goettlich segen betowen All.
Du enpfahst und gbirst an kint K. Des rich nuimmer dhaîn end gewint All.
Das sol Jesus werden genant K. All der welt an haîlant’ All.
Vons engels rede ersrak si do K. Vnt waz doch sines gruosses fro All.
Si vorschat wie daz gschenhen soelt K. Won si magd evclich bliben woelt All.
Der engel sprach – und anwurt ir: K. ’Der hailig gaist wurgt daz an dir All. (…)
Waon got in dem himelrich K. Sint aellui ding zstuend mugelich’ All.
Maria sprach: ’zden worten din K. Gib ich gern den willen min’ All.
Zehant enpfiêng si Ihesum Crist K. Der aller welt an troester ist All.
Der engel vant marian ain K. An ir gbet . daz waz vil rain All.
Dui botschaft gie zeîr oran in K. Der hailig gaist flos da mit in All.
Der worht in ihr libe daz K. Das cristus got vnd mensche waz All. (…)
Maria trvog aûn smerzen K. Jr kint vndr irem herzen All.
Bis nuine manot komen hin K. Daz si solt gbern daz kindelin All. (…)
Dui edel kiuniginnen K. Moht dhaîn herberg gewinnen All. (…)
Do daz kindli wart geborn K. Do wart gestillet gottes zorn All.
Der engel kunte do zehant K. [Das] wer geborn der hailant All.
Vnd wer lob in dem himelrich K. Vnd frid vff dem ertrich All.
Do ah tag dar nach komen hin K. Vnd bsnitten wart daz kindelin All.
Do ward es ghaissen iesus crist K. Der all der welt an troester ist All. (…)
Der diz gdiht lôblich singet K. Grossen lon es îm bringet All.
10 Ave victorioso e sancto legno Marchetto Cara (ca. 1465 – nach 1525)
Laude. Libro secondo 1508 by Ottaviano Petruccci in Venice, Nr. 18.
Ave, victorioso e sancto legno
Per cui se apperse il ciel, chiuse l’inferno.
Salve, tu che salvasti el mondo degno
Da brusar dentro al focho sempiterno,
Como tu aiuti l’universo indegno
E muti el mal perpetuo in ben eterno.
Cossì noi te pregamo, benche indegni:
Ne aiuti in vita e alfin salvar ne degni.
Sei gegrüßt, siegreiches und heiliges Holz,
durch das der Himmel erschien, und die Hölle sich schloss.
Sei gegrüßt, du, der du die Welt würdig gerettet hast.
Um nicht im ewigen Feuer zu brennen,
hilfst du der unwürdigen Welt
und verwandelst das ewig Böse in das ewig Gute.
So beten wir zu dir, obwohl wir unwürdig sind:
„Hilf uns im Leben und rette uns würdig am Ende.“
11 Maria stuont in grozzen noeten & O we dir armer wucherere
Maria stunt in grossen noetten Do si ir liebes kint sach toetten
An swert ir durch die sele snaît Suinder daz las dir wesen laît
Dez hilf uns maria kunigin Daz wir dins kindes huld gewin
Maria bat ir kint so soessen Vil liebes kint la si geboessen
So wil dich schiggen daz si moessen Bekeren sich dez bitt ich dich
Dez hilf uns Maria kunigin Daz wir dins kindes huld gewin
Wel man vnd vrôw ir e zerbrechent Daz wil got selber an si rechen
Swebel. bech. vnd ouch die galle Daz guisd der tiefel in si alle
Fuir war si sint des tiefels spot Da uor behoett uns herre got. Dez bit wir dich durch dinen tot
O we dir armer wocherere Dui wag ist dir an tail ze swere
Du lihst die mark all vmm ein pfunt Daz zuiht dich in der helle grunt
Da bist du eweclich verlorn [Dar zu so bringt uich gottes zorn
Da vor behoet uns herre got Dez bit wir dich durch dinen tot]
Jr morder vnd ir strazrobere Diu rede ist iv an tail zeswere
Ir went ivch viber nieman erbarn Dez mosd ir in die helle varn
Da sint ir eweclich verlorn Dar zu so bringt uich gottes zorn
Da vor behoet uns herre got Dez bit wir dich durch dinen tot]
Wer den fritag nit enuastaet Vnd den suntag nit enrastet
Zwar der mois in der helle pin Vnt eweclich verflu ch[t]et sin
Da uor behoett vns herre got Dez bitt wir dich durh dinen tot
Dui e di ist ain raines leben Die hat got selber uns gegeben
Der die entert der wirt verlorn Dar zu [so bringt uich gottes zorn
Da vor behoet uns herre got Dez bit wir dich durch dinen tot]
Ich ratt iu vrow und mannen allen Daz ir lant die hohfart vallen
Durch got so lant die hohfart varn So wil sich got viber uich erbarn
Dez hilf uns maria k[unigin Daz wir dins kindes huld gewin]
Wissent ouch daz ganzui ruiwe Wer die hat mit rehter truiwe
Mitt biht mit puess mit widergeben Dem wil got gen an ewig leben
Dez hilf uns maria kunigen Daz wir dins kindes huld gewin
12 Senza te, sacra regina
Adam de Antiquis Venetus (1460? – 1520?), um 1500
Laude. Libro secondo 1508 by Ottaviano Petruccci in Venice, Nr. 31.
Senza Te, sacra Regina / Non si può in ciel salire.
L’alma sua non può perire / Che a te serve, a te s’inchina.
Tu sei quella verginella / Che portasti il Redentore,
Tu sei quella chiara stella / Che per tutto dai splendore.
Prega il tuo divin Signore / Verso noi a pietà s’inclina.
Tu sei madre, in ciel salita / Con il corpo e l’alma santa,
E d’un manto sei vestita / Dì pietade tutta quanta,
Per te il cor de l’angiol canta: „Ave Stella mattutina!“
Senza te, sacra Regina / Non si può in ciel salire.
Ohne dich, heilige Königin, kann man nicht in den Himmel aufsteigen.
Ihre Seele kann nicht vergehen, Sie dient Ihnen, sie verbeugt sich vor Ihnen.
Du bist die kleine Jungfrau, die den Erlöser geboren hat,
Du bist der helle Stern, der allen Dingen Glanz verleiht.
Beten Sie zu Ihrem göttlichen Herrn, Uns gegenüber neigt er zum Mitleid.
Du bist eine Mutter, die in den Himmel aufsteigt
Mit Leib und Seele heilig, Sie sind mit einem Mantel bekleidet
Sagen Sie rundherum Gnade, Für Sie singt das Herz des Engels:
„Gegrüßt sei der Morgenstern!“
Ohne dich, heilige Königin, kann man nicht in den Himmel aufsteigen
Maria muoter raînui maît Erbarm dich ueber dîe cristenhait Erbarm dich ueber dinu kint Di noch in disem ellind sint. Maria muoter gnade vol Du kanst und mahst uns ghelfen wol Verlih uns ann gnedigen dot Vnd behoett vns da vor aller not. Erwirb uns huld vmm dines kint Dez rich niemmer kain end gewint Daz er uns loes von aller not Vnd bhuette vor dem gaehen tot Erwirb uns ouch daz himelbrot Daz crist sinn zwelfen îunngern bot Swe lib vnd sel sich schaiden sol Daz wir den gvaren alle wol Vnd dîe uns kain gut hant getan Daz sie dez trosts nit werden an Vnd nim die sel an dine hant Vnd fuers in dines kindes lant Vnd nim die selaen alle gar Und fuer si zu der engel schar Vnd nim die selen all gelich Vnd fuer si in daz himelrich Vnd setz si zu der rehtun hant Vnd da der sacher rowe vant Dez helf uns der haîlant.